(XX) Austragungsort des Zugspitz-Ultratrail ist Grainau an der Zugspitze, dem höchsten Berg Deutschlands. Über eine Strecke von 101,6 km Länge umrunden die Teilnehmer dabei das Massiv des Wettersteingebirges. Doch nicht nur die Streckenlänge stellt eine besondere Herausforderung an den Läufer, sondern auch die zu bewältigenden ca. 5400 hm. Für die Organisatoren eines Laufes stellt die Sicherheit der Teilnehmer die höchste Priorität dar. Bei einer solchen Distanzund der Wegführung über alpines Gelände sind daher zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nötig. Aus diesem Grund ist es Pflicht einen Luftrucksack, eine Regenjacke, Stirnlampe mit Ersatzbatterien, ein Erste-Hilfe-Set, Trinkbecher, Handy mit eingespeicherter Notfallnummer, Streckenkarten, warme Bekleidung (Handschuhe, Mütze) und mind. 1,5l Flüssigkeit mitzuführen. Zudem nahm ich einige Energy-Gels sowie ein Paar Trekkingstöcke mit. Für mich sollte dies der erste Lauf werden, bei dem ich Equipment von 3-4 kg Gewicht mit mir führte.

Man wird oft gefragt: "warum man sich das antut"?.... Für mich besteht der Reiz in der Herausforderung; der Möglichkeit die eigenen physischen und psychischen Grenzen abzuschätzen und natürlich im Spaß am Laufen. Aus diesem Grund befand ich mich in den frühen Morgenstunden des 18. Juni 2016 zusammen mit über 600 anderen Läufern am Start des Zugspitz-Ultratrail in Grainau. Mit bayrischem Trommelzug wurden wir auf die Strecke entlassen. Bereits nach wenigen hundert Metern begannen die ersten Anstiege und die Wanderstöcke kamen zum Einsatz, sodass es eher einer Gruppe von Wanderern glich denn Läufern. Dieses Bild blieb für mich während des gesamten Laufes bestehen, mit dem Unterschied, dass gelaufen wurde sobald der Weg bergab führte oder auf ebenen Boden stattfand. Darüber hinaus waren die meisten Anstiege so steil, dass ich mich sehr über den Umstand freute, meine Beine mittels der Trekkingstöcke entlasten zu können.

Auch während der langen und steilen Abschnitte bergab erwiesen sie sich als überaus nützlich, um sich zusätzlich Halt auf den rutschigen und unebenen Wegen zu verschaffen. Insbesondere die Wegführung über alpines Gelände stellte für mich eine große Herausforderung dar! Steine, Geröll, versteckte Löcher im Boden und die weiten Schneefelder, welche überquert werden mussten, erforderten die volle Konzentration. Einmal nicht aufgepasst, mit dem Fuß umgeknickt oder gestürtzt und man hätte den Lauf vorzeitig beenden müssen - abgesehen von den Schwierigkeiten einer Bergung vom Gipfel des Berges. Nach 9 h des Laufens und einem kurzzeitigem Hagelsturms auf einem der Gipfel erreichte ich den Versorgungspunkt 5 bei Kilometer 54. Für mich war dies der wichtigste Checkpoint des Laufes, da ich zu diesem Zeitpunkt mehr als die Hälfte der Strecke und Höhenmeter bewältigt hatte. "Wenn ich es bis hierher schaffe, dann schaffe ich auch die restliche Strecke"!, so hatte ich es mir im Vorfeld gesagt. Wie motiviert man sich überhaupt, eine solche Strecke zu bewältigen? Was treibt einen an und wie trainiert man dafür? Diese Fragen wurden mir häufig gestellt...

Die Motivation ist einfach erklärt: Man kann Freunden, der Familie oder den Teilnehmern des Sportkurses von seinem Vorhaben erzählen. Jeder von Ihnen wird wissen wollen, ob man es schafft. Und ja, man will es dann auch schaffen. Vielleicht findet man Unterstützung in einem Institut oder einer Einrichtung - für mich war dies der Hochschulsport der Rostocker Universität. Aber letztlich ist es einfach der Spaß und die Freude am Laufenbund die Herausforderung zu meistern. Das Training beansprucht hauptsächlich Zeit. Schwerpunkt lag dabei auf LÄufen zwischen 20-50 km Länge, aber auch kurze schnelle Intervalleinheiten, "Bergauf-Laufen" auf dem Laufband und Ausgleichstraining in Form von Schwimmen, Rad fahren oder diversen anderen "Unisportarten", auf die ich als Student zurückgreifen konnte.

Den letzten Berg bestieg ich bei starkem Regen und Temperaturen im Bereich um 0°C. Die Regenjacke hielt zwar trocken, schützte aber nicht vor der Kälte, sodass ich schneller lief um mich warm zu halten. Eigentlich dachte ich nicht, dass ich nach dieser Zeit wieder schneller laufen könnte, aber es ging, musste! Kurz nach Mitternacht überquerte ich schließlich die Ziellinie. - nach 16:55h. Damit erreichte ich den Platz 75 in der Gesamtwertung bzw. Platz 45 in meiner Altersklasse (20-40).

Von den über 600 Läufern, welche in Grainau gestartet waren, erreichten nur etwa 60% das Ziel. Die anderen 40% wurden aufgrund der Zeitüberschreitung disqualifiziert oder brachen den Wettkampf vorzeitig ab. Für mich war der Zugspitz-Ultratrail mein bisher schönster und zugleich anspruchsvollster Lauf.